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“Ich möchte meinen Mann nicht stören”, sagte Ulla. “Und im Dunklen bin ich schon gestolpert. Das hat ihn geweckt.”

Die Verkäuferin hatte genickt und gelächelt. Vielleicht teilte sie ihr Schlafzimmer mit jemandem, der weniger Rücksicht nahm. 

Ulla beschlich ein schlechtes Gewissen. 

Die Verkäuferin zeigte ihr die Kollektion. “Leider sprechen die Motive eher eine jüngere Zielgruppe an”, sagte sie und schob ein liebliches Häschen mit rosa Bäckchen zur Seite.

“Naja”, sagte Ulla, “es geht um die Funktion.”

Sie betrachtete die diverse Gruppe, die die auf dem Regalbrett hockte: Bärchen, Eule, Fuchs, Hündchen, ein Einhorn und ein Elefant. Daneben schwamm ein hellgrüner Wal mit erhobener Flosse. Alle flehten sie mit großen Augen an. So musste es sich anfühlen, im Tierheim an den Zwingern entlangzulaufen.

“Ich weiß nicht”, sagte Ulla.

“Es gibt schlichtere Modelle. Ich kann sie Ihnen bestellen.”

“Ach nein”, sagte Ulla. “Mir geht es nur darum, nicht gegen den Schrank zu laufen.”

Das Einhorn zwinkerte ihr zu. Ulla griff nach dem Wal. Er grinste. Sie blickte auf die Zurückgelassenen. Der Fuchs weinte und die Eule durchbohrte sie mit Blicken. 

“Ich nehme sie alle”, sagte Ulla. 

 “Wirklich?” 

“Wenn eines kaputt geht, habe ich gleich Ersatz.”

“Unsere Modelle sind robust.”

“Möchten Sie mir nicht alle verkaufen?”

“Doch, doch”, versicherte die Verkäuferin. Sie legte die Nachtlichter in einen Korb und ging voraus zur Kasse. Ihr Lächeln war nicht mehr warm.

Ich hätte mir den Mann nicht ausdenken müssen, dachte Ulla später. Als normal gehe ich ohnehin nicht durch. Ihr Rucksack war voller glücklicher Tiere. Später würde sie auf ihrem Bett liegen und im bunten Licht baden. Wer würde ihr zuerst leuchten? Der lila Elefant oder das Häschen? Die Tiere wurden unruhig. Seid unbesorgt, ihr könnt euch meine Liebe teilen, sagte Ulla. Es ist genug für alle da.   


Eine ABC-Etüde zu den Wörtern Nachtlicht, lieblich und teilen. Diese drei Wörter sollten in einem Text von maximal 300 Wörtern sinnvoll eingesetzt werden. Die Wörter spendierte Kain Schreiber mit seinem Blog Gedankenflut.

Christiane vom Blog „Irgendwas ist immer“ stellt alle zwei Wochen eine neue Schreibaufgabe: Sie präsentiert eine Wortspende, die in einen Text zu integrieren ist, und sammelt die entstandenen ABC-Etüden. Ein vergnügliches Spiel, offen für alle, die Lust darauf haben.

Vielen Dank für die Inspiration, Kain und Christiane!