“Na, Froschkönig”, sagte die Hexe.
Sie hatte sich hingehockt. Recht gelenkig für eine über Fünfhundertfünfundfünfzigjährige, dachte der Frosch. Wahrscheinlich gingen ihr die Flüche noch locker von der Zunge. Er schluckte und duckte sich.
“Mein kleiner Freund”, fuhr die Hexe fort, “womit habe ich verdient, dass du so schlecht über mich sprichst?”
Sie lächelte und dem Frosch gefror das Blut in den Adern wie sonst nur im Januar.
Er räusperte sich. “Ich wüsste nicht …”
“Ach komm. Seit Jahrhunderten erzählst du, ich hätte dich verflucht. Leugnen ist zwecklos.”
“Verflucht, habe ich jemals verflucht gesagt? Vielleicht habe ich von verzaubern gesprochen oder von bezaubern. Die Leute hören nicht richtig zu und machen aus dem, was man erzählt, die wildesten Geschichten. Gewalt, das interessiert sie. Schlimm.”
“Du hast nie behauptet, du wärst ein Prinz, der als Frosch leben müsste?”
“Die Leute haben das falsch verstanden. Sex and crime. Ein unschuldiger Prinz, der von einer Hexe verflucht wird, das gefällt ihnen. Zumal, wenn die Hexe so schön ist.”
“Schmeichelei hilft dir nicht. Wolltest dich wichtigmachen, was? Wolltest geküsst werden? Was die Leute über mich denken, war dir egal. Der Hexe kann man alles in die Schuhe schieben. Hattest du wenigstens Spaß?”
“Geküsst hat mich keine Frau. Auch keine Fröschin. Die hatten Angst, dass ich zum Menschen werde.”
“Soso.”
“Entschuldigung.”
“Zu spät. Ich habe lang überlegt, was ich mit dir tun soll. Jetzt hab ich eine großartige Idee.”
Sie zwinkerte. Ihre Augen waren trübe Tümpel, aber dem Frosch machten sie dennoch Angst.
“Bitte nicht zaubern!”
Sie schnippte mit den Fingern. Dem Frosch wurde schlecht.
“Voilà. Alles Gute.” Die Hexe ging lachend fort.
Der Frosch machte die Augen wieder auf.
Verflucht: Er war ein Mann. Sein schlammgrüner Anzug spannte und auf seinem Kopf saß eine Krone. Er sah seine schwimmhautlosen Hände an und weinte.
Eine ABC-Etüde zu den Wörtern: Froschkönig, trüb und helfen. Diese drei Wörter sollten in einem Text von maximal 300 Wörtern sinnvoll eingesetzt werden.
Die Wörter gespendet hat Viola vom Blog viola-et-cetera.
Christiane vom Blog „Irgendwas ist immer“ schlägt alle zwei Wochen neue Wörter vor und sammelt die entstandenen ABC-Etüden. Ein vergnügliches Spiel, offen für alle, die etüdisieren möchten.
Vielen Dank für die Inspiration an Christiane und Viola, die Wortspenderin!