Schlagwörter
Arbeitsalltag, Kritzeln, Langeweile, Sitzungen, Wunder des Alltags, Zeit
In den letzten Monaten befragte Mesembria circa 1000 Personen in Deutschland zur Bedeutung der Uhrzeit neun Uhr dreißig in ihrem Leben (vgl. Frühstücksfernsehen und die Folgen). Der erste Zwischenbericht liegt nun zur weiteren Auswertung vor. Einzelne Aussagen werden in der nächsten Zeit anonymisiert hier öffentlich zugänglich gemacht.
Zielperson 31
Morgens um halb zehn tue ich eigentlich nichts Besonderes. Meist sitze ich um diese Zeit in Sitzungen und langweile mich. Warum ich zu so vielen Besprechungen gehen muss, weiß ich nicht. Mir ist klar, dass in einer größeren Institution zahlreiche Meetings sinnvoll sind. Schließlich sollte man Ziele setzen und sich darauf verständigen, wie man sie erreichen kann. Aber warum ich selbst dabei sein muss, verstehe ich nicht. Ich bin in keiner Entscheidungsposition. Ich tue nur meine Arbeit. Also, ich meine, ich nehme schon ernst, was ich zu tun habe, und versuche, meine Aufgaben möglichst sinnvoll und effizient zu erledigen, da treffe ich durchaus Entscheidungen im Kleinen. Aber ich habe gar nichts mit der Strategie unserer Institution zu tun.
Anfangs war ich ganz geschmeichelt, dass ich nicht nur willkommen auf so vielen Sitzungen war, sondern dass meine Anwesenheit sogar erwartet wurde. Ging ich einmal nicht hin, weil ich zu viele Vorgänge auf meinem Schreibtisch hatte, wurde ich zur Rede gestellt. Ich begriff, es ist Teil meiner Pflichten, all diese Termine wahrzunehmen. Und eigentlich ist es ja leicht verdientes Geld, auf einem Stuhl zu sitzen und ins Leere zu starren.
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