Sphinx

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 „Ich mag keine Unterwürfigkeit, hörst du?“

„Ja, natürlich.“

Sie wirft ihm einen giftigen Blick zu. Er schaut zu Boden. Und schnell wieder hoch. Ihre Launen sind schwer berechenbar.

Sie nimmt einen Schluck Wein. Dunkelroter, schwerer Wein, der mit ihrem Lippenstift harmoniert. Ihre Farben sind rot wie Blut, weiß wie Schnee, schwarz wie Ebenholz.

„Was gibt es zu lächeln?“, fragt sie.

„Ich bin einfach gerne mit dir zusammen.“
„Was mache ich falsch?“

Er lacht.

„Das war kein Witz.“

„Dennoch sitzt du hier mit mir am Samstagabend.“

„Das ist ein teures Restaurant und du zahlst die Rechnung.“

„Du könntest mit einem anderen ausgehen.“

Ihre Finger spielen mit der Serviette. Die Fingernägel sind scharfe Klingen.

„Erwartest du, dass ich dir Komplimente mache?“, fragt sie.

„Damit würde ich niemals rechnen.“

„Dennoch sitzt du hier mit mir am Samstagabend und wirst die Rechnung zahlen.“

„Gehen wir davon aus, dass ich mein Geld mit dir verjubeln will.“

„Es gäbe vergnüglichere Möglichkeiten.“

„Ich amüsiere mich.“

„Stehst du doch darauf, schlecht behandelt zu werden?“

„Ich würde es nicht wagen.“

„Genau das meine ich. Du bist mir zu Willen.“

„Du willst keine Unterwürfigkeit, also wäre es ungehorsam, unterwürfig zu sein. Ich soll mich dir widersetzen, damit du zufrieden bist. Aber damit würde ich tun, was du willst. Es ist ein Paradox.“

„Du Ärmster, wie wirst du dich aus diesem Irrgarten befreien?“

Ihre bernsteinfarbenen Augen leuchten. Er denkt an die Füchsin, die er immer wieder vor seiner Haustür trifft. Der gleiche forschende Blick.

„Vielleicht ist mir Freiheit nicht wichtig“, sagt er.

Ihr Blick erlischt.

„Du hast uns beide gefangen in deinem vertrackten Rätsel“, setzt er fort. „Du suchst einen, der dich befreit, indem er den Knoten löst. Ich bin unverschuldet in diese Schlinge getappt.“

„Du kannst jederzeit gehen“, sagt sie.

„Ach, lass uns noch ein Dessert bestellen“, antwortet er.


Dies ist eine ABC-Etüde. Drei Wörter mussten in einen Text von maximal 300 Wörtern eingefügt werden. Werner Kastens mit seinem Blog Mit Worten Gedanken horten spendete die Wörter für Februar 2024. Sie lauten: Unterwürfigkeit, verschuldet, verjubeln.

Christiane stellt auf ihrem Blog “Irgendwas ist immer” regelmäßig eine neue Schreibaufgabe: Sie präsentiert eine Wortspende, die in einen Text zu integrieren ist, und sammelt die entstandenen ABC-Etüden. Ein vergnügliches Spiel, offen für alle, die Lust darauf haben.

Herzlichen Dank für die Inspiration, Werner und Christiane!

Perdu dans la traduction

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„Das hat sie nicht gesagt!” 

„Doch.”

„Sie hat gelächelt. Und sie hat sanft geflüstert, nein, gehaucht hat sie.”

Camille sog versonnen an ihrem gläsernen Strohhalm. 

„Was soll ich antworten?”, fragte ich ihn.

„Erkläre, dass ich ihre Gesellschaft genieße.”

Camille war überrascht. 
„Was hast du übersetzt? Steht er drauf, dass ihn eine Frau abweist?” 

Natürlich waren das nicht ihre Worte, schließlich sprach sie Französisch. 

„Und nun?”, fragte ich.

Ich hätte diesen Auftrag nicht annehmen sollen. 

„Sag ihm, dass ich seinen Flusenbart verabscheue.”

„Das möchte ich nicht. Soll ich sagen, dass er ein netter Mann ist, aber der Funke springt nicht über?”

„Er ist nicht nett. Er ist ein widerlicher, eingebildeter Troll. Noch dazu ein Lehrer. Und nie im Leben ist er erst 40.”

„Da möchte mich raushalten. Ich bin nur zum Übersetzen hier.”

„Dann übersetze.”

„Was ist?” Der Lehrer wollte nicht länger warten. 

Ich schluckte. „Camille findet dich sympathisch.”

„Und?”

„Ihr Cocktail schmeckt vorzüglich.”

„Das hast du erfunden. Sie spricht schnell und leidenschaftlich. Was sagt sie wirklich?”

„Sie mag deinen Bart und deine Ausstrahlung …”

„Ich glaube, du kannst nicht gut Französisch und machst uns etwas vor.”

„Warum sollte ich?”

„Keine Ahnung. Du interessierst mich nicht.”

„Was will der grobe Kerl?”, fragte Camille.

„Er glaubt mir nicht.”

„Dir nicht oder mir nicht? Warum redet er mit dir? Er hat ein Date mit mir. Misch dich nicht ein.” Ihre Stimme wurde schrill. 

„Hat Camille bemerkt, dass du falsch übersetzt?”
Der Lehrer lachte höhnisch. Er deutete auf mich und sagte sehr laut und überartikuliert: „Sie ist eine Betrügerin.”

Camille verstand nichts, aber sie starrte mich wütend an. 

„Du machst alles kaputt. Immer geht es um dich”, zischte sie.

Ich verzichtete aufs Honorar und floh. 

Später hörte ich, die beiden hätten noch lange zusammen gesessen, gestikuliert und getrunken, doch ein Paar wurden sie nicht.  


Dies ist eine ABC-Etüde. Drei Wörter mussten in einen Text von maximal 300 Wörtern eingefügt werden. Gerhard mit seinem Blog Kopf und Gestalt hat die Wörter für Oktober 2023 gespendet. Sie lauten Lehrer, grob und hauchen.

Christiane stellt auf ihrem Blog “Irgendwas ist immer” regelmäßig eine neue Schreibaufgabe: Sie präsentiert eine Wortspende, die in einen Text zu integrieren ist, und sammelt die entstandenen ABC-Etüden. Ein vergnügliches Spiel, offen für alle, die Lust darauf haben.

Herzlichen Dank nochmals für die Inspiration, Gerhard und Christiane!

Kugelfisch und Jageteufel

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Das Bier kam. Die Schaumkrone war genau richtig. Die Kellnerin stellte das Glas auf den Tisch, warf mir einen verstohlenen Blick zu und huschte zurück in die Kneipe. 

“Prost”, sagte der Mann am Nebentisch und hob sein Glas. 

“Prost”, antwortete ich und wandte den Blick ab. Ich legte keinen Wert auf ein Gespräch, wollte nur in Ruhe im Biergarten die Beine ausstrecken. 

“Ist jemand gestorben?”, sagte der Mann und feixte. 

“Es stirbt immer jemand”, antwortete ich. 

“Und deshalb trägst du schwarz?”

“Könnte man sagen.”

“Komischer Vogel. Zieh dir was Buntes an und lächele, dann müsstest du nicht alleine trinken.”

Wenn ich denn alleine trinken könnte, ohne dass mir jemand auf die Nerven geht. 

“Nichts für ungut”, sagte er. 

Ich schaute auf mein Bierglas, an dem langsam Tropfen herunterliefen.

“Was bist du denn so garstig? Prost!” Er hob noch einmal sein Glas. 

“Ich würde gerne in Ruhe hier sitzen.”

“Huh. Als ob ich etwas von dir wollte. Du siehst aus wie eine Vogelscheuche, totenbleich in dem schwarzen Fetzen. Hässliches Lumpenpack. Mein Lebtag lang will ich mit dir nichts zu tun haben.”

Wenn wir beide Pech haben, danach. Ich hoffte, dass eine Kollegin zu diesem Widerling geschickt werden würde. Obwohl die meisten Kerle am Ende ihre flotten Sprüche vergessen.

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