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“Ich brauch ne Pause”, keuchte Dr. Paul Stanglmeier.
“Am Treppenabsatz”, schnaufte sein Kollege Miguel.
Sie schafften die nächsten vier Stufen. Dann stellten sie das Sofa ab und ließen sich auf die Sitzfläche plumpsen. Es knackte.
“Vorsicht”, sagte Paul. “Wenn etwas kaputtgeht, müssen wir es wieder runtertragen.”
“Und nach der Reparatur noch einmal hoch”, ergänzte Miguel.
“Das dritte Mal.”
“Dabei ist der neue Bezug noch scheußlicher als der alte. Senfgelb!”
“Rosa passte halt nicht zum neuen Teppich.”
“Daran hätte er früher denken können.”
“Warum? Er hat doch das Geld für den passenden Bezug.”
“Und die passenden Mitarbeiter, die das Sofa schleppen.”
“Naja, wir sind jung und sitzen im Büro nebenan. Außerdem bringt er ab und zu einen guten Rotwein mit.”
“Ein Bier wär mir grad lieber.”
“Komm, lass uns weitermachen, dann haben wir es hinter uns.”
“Und mir tut wieder drei Tage der Rücken weh. Dieses Sofa ist ein tonnenschwerer Alptraum, aber immerhin original Biedermeier.”
“Und das steht euch ausgezeichnet”, sagte die junge Frau, die die Treppe herunterkam. “Bleibt das Sofa hier stehen?”
“Nein, es gehört dem Professor im sechsten Stock.”
“Da komme ich her. Die Tochter flötet und ich gebe ihr Unterricht.” Sie ließ sich auf das Sofa zwischen die beiden Männer fallen. “Mir tun die Ohren weh.”
“Augen auf bei der Berufswahl”, sagte Miguel.
“Ich bin promoviere bei ihm in Philosophie”, sagte sie. “Ich habe erzählt, dass ich früher bei Jugend musiziert war, und da hat er mich gefragt. Für den Übergang … die Lehrerin ist in Elternzeit.”
“Das Sofatragen hat sich auch so ergeben. Er hatte keine Spedition gefunden und inzwischen sind wir in Übung quasi und wuchten auch die Waschmaschine hoch”, sagte Paul.
Sie schwiegen alle drei.
“Man könnte vermuten …”, setzte Miguel an und hielt inne.
Sie schüttelten einmütig den Kopf. Es wäre niederträchtig, dies zu unterstellen.
Dies ist eine ABC-Etüde. Drei Wörter mussten in einen Text von maximal 300 Wörtern eingefügt werden. Die Wörter lauteten Biedermeier, niederträchtig und flöten. Gestiftet hat sie die Frau Puzzleblume mit ihrem Blog Puzzle❀.
Christiane vom Blog „Irgendwas ist immer“ stellt alle zwei Wochen eine neue Schreibaufgabe: Sie präsentiert eine Wortspende, die in einen Text zu integrieren ist, und sammelt die entstandenen ABC-Etüden. Ein vergnügliches Spiel, offen für alle, die Lust darauf haben.
Herzlichen Dank für die Inspiration, Frau Puzzleblume und Christiane!
gkazakou sagte:
He, urkomisch die drei auf dem Biedermeiersofa auf dem Treppenabsatz. Zum Kringeln
Olpo Olponator sagte:
Ja. Nestroy’sches Warten auf Godot 😉
Pingback: Schreibeinladung für die Textwochen 44.45.21 | Wortspende von wortverdreher | Irgendwas ist immer
Olpo Olponator sagte:
Jöö. Raum für zwischen den Worten zu denken.
Doro sagte:
Ein schöner Anblick, das Sofagespräch. Dankeschön. LG Doro
Array sagte:
Hach, ich hab dich vermisst! 😁🧡
Und ja, ein Schuft, der Schlechtes dabei denkt 😉
Morgenkaffeegrüße 😁⛅☕🍪👍
Nina Bodenlosz sagte:
Ich habe die Etüden auch vermisst 🙂 Herzliche Grüße zurück!
Werner Kastens sagte:
Wenn doch in jedem Stockwerk so ein Sofa stünde und wir die Gespräche mitlauschen könnten!
Nina Bodenlosz sagte:
Das wäre ein interessantes Treppensteigen – ich wohne ganz oben 🙂
puzzleblume sagte:
Gefällt mir supergut, diese Szene, von der man Varianten kennt. Es gibt ja wahre Gefälligkeits-Künstler, vor allem, wenn es Machtgefälle zu nutzen gilt.
Nina Bodenlosz sagte:
Genau. Es ist dann oft gar nicht so klar, wo die Gefälligkeit freiwillig ist und wo das nicht mehr so stimmt.