Schlagwörter
ABC-Etüde, Frühling, Quarantäne, Sonnenuntergang, Tempelhofer Feld, Virus

Hinter dem Maschendrahtzaun stehen sie, Bierflasche in der Hand, Jeden Abend ein Stelldichein. Eine Frau hat eine Flasche Gin dabei.
Der Blick geht weit gen Westen. Hinter dem Flughafen Tempelhof malt der Sonnenuntergang den Himmel in kitschigen Farben an.
„Sieht aus wie Frühling“, sagt einer.
Der Wind beißt eisig ins Gesicht. Sie haben sich in dicke Jacken gekuschelt. Sie trinken und schauen der sinkenden Sonne zu. Sie schweigen. Der rote Fleck wird von einem Wolkenband geschluckt. Es wird kälter.
„Zurück in die warme Stube“, sagt eine. Niemand setzt sich in Bewegung.
Zuhause lockt sie nicht. Zu viel Zeit verbringen sie dort. Vertreiben sich die Abende und Wochenenden mit Fernsehen und streifen durchs Internet. Keine Kinobesuche, keine Kneipenabende, sogar die Arbeit findet zumeist im Homeoffice statt.
Der Sonnenuntergang an der Tempelhofer Freiheit ist kostbar geworden. Sie stehen schweigend hier, jeden Abend, wenn es nicht in Strömen regnet. Sie halten Abstand, sie beobachten, wer fehlt, immer wieder kommt jemand nicht mehr, wurde erwischt. Sie reden nicht darüber.
Ein Vogelschwarm fliegt über die Startbahn. Eine Lerche singt weit oben im Himmel. Es ist Frühling. Nur die Menschen wissen nicht, was kommen wird. Sie warten ab und bleiben am Boden haften.
Eine ABC-Etüde zu den Wörtern: Sonnenuntergang, warm und fliegen. Diese drei Wörter sollten in einem Text von maximal 300 Wörtern sinnvoll eingesetzt werden. Die Wörter dieser Etüdenrunde spendete Corly vom Blog „Corlys Lesewelt.
Christiane vom Blog „Irgendwas ist immer“ stellt alle zwei Wochen eine neue Schreibaufgabe: Sie präsentiert eine Wortspende, die in einen Text zu integrieren ist, und sammelt die entstandenen ABC-Etüden. Ein vergnügliches Spiel, offen für alle, die Lust darauf haben.
Vielen Dank für die Inspiration Corly und Christiane!