Schlagwörter
Des Kaisers neue Kleider, Gold, Inauguration, Lügen, Märchen, Wahrheit
Vor langer Zeit lebte ein Mann, der wollte Kaiser werden. Das war in seinem Land möglich, ohne ein Prinz zu sein, denn die Menschen bestimmten alle fünf Jahre einen aus ihrer Mitte, der sie regieren sollte.
Der Mann wollte gar nicht regieren, viel zu lästig war es ihm, in einer Sitzung auszuharren oder dicke Akten zu lesen. Aber als Kaiser, so dachte er, könnte er den ganzen Tag faul sein und andere arbeiten lassen, ohne dass jemand aufmuckte. Wer sollte dem Kaiser Vorschriften machen?
Der Mann war gewohnt, dass Menschen vor ihm Angst hatten. Er war schon als Junge reich gewesen und hatte sein Lebtag lang Menschen gefunden, die sich von ihm kaufen oder einschüchtern ließen. Eigentlich hatte er alles, was er wollte: Schmeichler, Handlanger und Dienstboten, eine junge Ehefrau, die alles tat, um seinen Wünschen zu genügen, goldenes Haar und sogar ein goldenes Haus auf einem hohen Turm. Manchmal stand er auf der Terrasse, spuckte nach unten und lachte, wenn er sich vorstellte, wie es auf die kleinen Menschen auf der Straße herabregnete.
Der Mann hatte drei Leibärzte, die er sehr gut bezahlte und über die er allerlei private Geheimnisse in Erfahrung gebracht hatte, damit sie seine Leibärzte bleiben würden. Sie hatten herausgefunden, dass der Mann allen anderen Menschen weit überlegen war. Sein Gehirn sei von Goldfäden durchzogen und deshalb könne er besonders wertvoll denken.
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