Schlagwörter
ABC-Etüde, Reinkarnation, Sich wehren, Stachel, Wespe, Wespenstich
„Nach meiner Wiedergeburt möchte ich eine Wespe sein.“
„Du steckst deine Ziele nicht hoch.“
„Was hast du gegen Wespen?“
„Sie stechen.“
„Eben.“
„Eben was?“
„Sie stechen, wenn ihnen etwas nicht passt.“
„Das findest du gut?“
„Ich wünschte, ich würde mich wehren, wenn mir etwas gegen den Strich geht. Nicht hadern und zweifeln und nachgeben oder nicht nachgeben, aber ein schlechtes Gewissen haben, nein, mich wehren und gut ist.“
„Gut ist? Mich hat gestern so ein Biest gestochen.“
„Oh.“
„Ich spürte etwas Kühles am Handrücken, wischte es weg und schon hatte ich den Stachel drin. Hat gebrannt wie Hölle und mir war stundenlang blümerant.“
„Du Arme.“
„Willst du immer noch eine Wespe sein?“
„Naja.“
„Siehst du!“
„Wenn man es aus der Perspektive der Wespe betrachtet, hatte sie einen guten Grund, zu stechen. Sie fühlte sich bedroht.“
„Ich wollte ihr nichts tun.“
„Du bist riesengroß und hast nach ihr geschlagen.“
„Bin ich jetzt schuld?“
„Es war Pech.“
„Wespen provozieren solche Situationen. Da fliegt schon wieder eine um uns herum. Die tanzt uns förmlich an. Jetzt ist sie an deinem Ohr.“
„Atme sie nicht an. Das Kohlendioxid regt sie auf.“
„Dann soll sie mir vom Leib bleiben.“
„Wir sind klüger und müssen aufpassen.“
„Du tust so, als hätte ich die Wespe gestern grob fahrlässig zu ihrem Stich verleitet.“
„Nein. Aber die Wespe war auch nicht schuld. Sie wollte sich schützen. Und das wünsche ich mir auch, dass ich mich schütze, selbst wenn ich dazu den Stachel ausfahren muss.“
„Ich hab die Wespe gestern übrigens zerquetscht mit meinem Schlag.“
„…“
„Das hätte ich vielleicht nicht erwähnen sollen. Sorry. Es war eine Tat im Affekt. Und es war nur eine Wespe und nicht deine Reinkarnation, denn du stehst hier vor mir als Mensch.“
„Schon gut.“
„Oh nein, nicht dieser Blick.“
„Bis bald.“
„Hallo? Bleib hier!“
Dies ist eine ABC-Etüde. Drei Wörter mussten in einen Text von maximal 300 Wörtern eingefügt werden. Die Wörter lauteten Wiedergeburt, blümerant und antanzen und wurden gespendet von Donka mit ihrem Blog OnlyBatsCanHang.
Christiane vom Blog „Irgendwas ist immer“ stellt alle zwei Wochen eine neue Schreibaufgabe: Sie präsentiert eine Wortspende, die in einen Text zu integrieren ist, und sammelt die entstandenen ABC-Etüden. Ein vergnügliches Spiel, offen für alle, die Lust darauf haben.
Herzlichen Dank für die Inspiration, Donka und Christiane!
Pingback: Etüdensommerpausenintermezzo 2022 – Hinter den Kulissen | Irgendwas ist immer
Christiane sagte:
O je. Die eine ist genervt, zu Recht, weil der Wespenstich bestimmt wehtut und sie sich für schuldlos an der Misere hält, die andere hat das Bedürfnis, wehrhafter zu werden, und hat sich dafür ausgerechnet die Wespe ausgesucht. Welten prallen aufeinander … und jede fühlt sich bestätigt. Mag deine Beschreibung sehr, aber glücklich ist das nicht … 😏
Morgenkaffeegrüße 🌞🌳☕🍪🌼👍
Nina Bodenlosz sagte:
Ja, ein gewolltes Missverstehen scheint mir das zu sein. Viele Grüße!
gkazakou sagte:
Klasse Etüde wieder. O dieser Blick! Übrigens ertrinken bei mir die Wespen grad massenweise im Trinknapf der Katzen. Weißt du eine Lösung, damit ich nicht schuldig werde?
Werner Kastens sagte:
Einen grösseren Stein in die Mitte des Napfes legen, darauf können sie dann landen, trinken und wieder abschwirren.
Nina Bodenlosz sagte:
Ich stimme Werner zu: Steinchen ins Wasser, auf dem die Insekten landen können, dann plumsen sie nicht rein bzw. können wieder rausklettern.
Werner Kastens sagte:
Ich finde: wenn man sie nicht reizt, dann lassen sie einen auch in Ruhe.
Nina Bodenlosz sagte:
Im Prinzip ja, aber sie krabbeln halt auch in die Kleidung, in/an Gläser und Tassen oder sitzen auf dem Körper – dann hast du manchmal lkeine Chance. Ist mir schon öfters passiert, dass ich eine im weiten Hosenbein hatte oder an der Hand. Und das tat übel weh.
fundevogelnest sagte:
Wespen leben ja nur ziemlich kurz, wenn einem diese Reinkarnation nicht gefallt, kann man sich bald was anderes suchen.
Coole Idee auf jeden Fall