Sie war während der Verfolgungsjagd eingeschlafen. Jetzt erläuterte ein bärtiger Professor die Funktionsweise mittelalterlicher Zugbrücken. Sie würde nie erfahren, wer der Mörder war.
Sie fischte in der Sofaritze nach der Fernbedienung. Wie sie ihren Lebensstil verachtete. Abends aß sie vor dem Fernseher und schlief ein. Sie fühlte sich schmutzig und sündig. Ihr Leben entgleist, ihr Zeitgefühl verrückt.
Sie musste schlafen. Sie tastete sich zum Bad und putzte ihre Zähne.
Etwas lief über das Dach. Sie hielt inne. Es war still.
Sie spülte den Mund aus und stand. Ihre Ohren scannten die Nacht. Nichts. Dann Schritte. Ein Tier?
Sie folgte der Spur über ihrem Kopf durch die Wohnung. Wieder Stille. Sie trat auf die Terrasse.
Das Dach glasiert von Raureif. Hineingeschmolzen eine dunkle Fährte bloßer Füße. Lief auf sie zu und verblasste vor dem Zweifel. War nicht von ihrer Welt.
Oder sie selbst war aus der Welt hinausgestürzt in die Unmöglichkeit.
Eine verspätete ABC-Etüde nach neuem Muster. Christiane vom Blog „Irgendwas ist immer“ schlägt alle zwei Wochen drei Wörter vor, aus denen ein kurzer Text zu schreiben ist. Der Text darf nicht mehr als 300 (meine eigene Regel: 150) Wörter lang sein.
Die Wörter stiftete Yvonne von umgeBUCHt. Sie lauteten: Raureif, sündig und verrücken.
Vielen Dank an Christiane und die Spenderin!
Christiane sagte:
Oh. Wie zauberhaft.
Ich möchte anmerken, dass ich das Gefühl kenne.
Liebe Grüße
Christiane
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