Hinter den Fenstern graupelt es.
Nicht einmal richtigen Schnee bringt dieser ewige Winter zustande.
Der Marmor trägt hellbraune Borten aus Kalk.
Sie schrubbt energisch über das Fensterbrett und stößt an das Krüglein aus dem Reiseandenkenladen in Split.
Nach kurzem Zögern stürzt sich das hässliche Krüglein in den Tod.
Schlüsselblumengelbe Scherben streuen sich auf dem Linoleum aus, leuchten Gelb auf Grün wie ein zynischer Gruß des ausbleibenden Frühlings.
Sie bückt sich und sammelt die Scherben auf.
Ein scharfer Schmerz an ihrem Daumenballen und Rot mischt sich ins Gelb.
Das Krüglein geht so lang zum Brünnlein, bis es bricht, denkt sie.
Als ob die Verniedlichung es erleichterte.
Eine neue ABC-Etüde, natürlich auf Einladung von Christiane vom Blog „Irgendwas ist immer“ (Schreibeinladung für die Textwoche 5.18). Merci!
Elke Speidel vom Blog transsilabia.wordpress.com spendete die drei Wörter für diese Woche: Krüglein, schlüsselblumengelb und graupeln. Daraus war eine Kürzestgeschichte zu bilden (maximal zehn Sätze).
Christiane sagte:
Nee, kaputt ist kaputt und Schmerz ist Schmerz, wie wahr. Auch das Zähnlein meines Kätzleins beißt nicht milder, wenn ich ihn so betitele, den Räuber 😉
Und dein „es stürzt sich in den Tod“ gefällt mir auch.
Liebe Grüße
Christiane
Alexandra Wendt sagte:
Schlüsselblumengelb ist ein schönes Wort. Besonders.
Und da ist ein besonders schöner Text entstanden 🙂
entdeckeengland sagte:
Da schließe ich mich an. Schlüsselblumengelb ist wirklich ein tolles Wort, vor allem neben graupeln. Eine farbenfrohe und eindrucksvolle Geschichte.
Nina Bodenlosz sagte:
Freut mich, dass dir der Text gefällt! Das Wort schlüsselblumengelb war wirklich eine wunderbare Vorgabe!
Nina Bodenlosz sagte:
🙂